Immer öfter nutzen Firmen automatische Verfahren, um Entscheidungen zu treffen – etwa zum Beispiel bei der Bonitätsprüfung oder bei Versicherungen. Auch Sie können betroffen sein. In dieser Erklärung erfahren Sie, was ein wichtiges Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dazu besagt. Wir erklären klar und verständlich, welche Rechte Sie haben, wie Entscheidungen zustande kommen und wie Sie Ihre Daten besser verstehen können.
1. Hintergrund - der konkrete FallEine Frau in Österreich wollte genau wissen, wie ihr Kredit-Score bei einer Firma zustande kam. Sie verlangte von Dun & Bradstreet Auskunft zu folgenden Punkten:
- Welche Daten wurden genutzt?
- Welche Logik wurde hinter dem Score angewandt?
- Warum erhielt sie ausgerechnet diese Bewertung?
Sie berief sich dabei auf ihr Auskunftsrecht nach DSGVO – konkret auf den Anspruch, bei automatisierten Entscheidungen Informationen zur Logik zu erhalten.
2. Was steht in der DSGVO? Artikel 15 DSGVO – AuskunftsrechtSie dürfen erfahren, ob Ihre Daten verarbeitet wurden, welche Daten verwendet werden und für welchen Zweck. Wichtig ist aber auch, dass Sie eine verständliche Erklärung der Logik automatisierter Entscheidungen bekommen können.
Artikel 22 DSGVO – Automatisierte EntscheidungenRein automatische Entscheidungen, die rechtliche Folgen oder einen ähnlichen Einfluss auf Sie haben, sind grundsätzlich verboten – mit wenigen Ausnahmen. Sie können also nicht einfach automatisch abgelehnt oder bewertet werden, ohne dass Ihnen Möglichkeiten zur Kontrolle gegeben werden.
3. Was bedeutet „verständliche Erklärung" konkret?Der EuGH erklärt klar:
- Verständlich und umfassend: Sie müssen nachvollziehen können, wie die Entscheidung zustande kommt – etwa welche Einflussfaktoren zählen und wie sie gewichtet werden.
- Individuell bezogen: Es geht nicht um allgemeine Abläufe, sondern um die Erklärung für Ihre persönliche Situation.
- Überprüfbar: Sie müssen verstehen, warum Sie genau diesen Score oder diese Entscheidung erhalten haben.
So bekommen Sie das nötige Werkzeug, um Entscheidungen nachzuvollziehen oder zu hinterfragen.
4. Was ist mit Geschäftsgeheimnissen?Firmen argumentieren oft, dass Teile ihrer Verfahren geheim bleiben müssen – zum Beispiel Algorithmen oder Gewichtungsdaten. Doch laut EuGH:
- Sie behalten Ihr Recht auf Auskunft.
- Die Firma muss die betreffenden Informationen zuerst einer Behörde oder einem Gericht übergeben.
- Diese Stelle prüft, ob wirklich alles geheim bleiben muss und wie viel Sie verständlich erhalten können.
Kurz gesagt: Auch beim Schutz von Geschäftsgeheimnissen gilt Ihr Auskunftsrecht weiter. Nur Behörden oder Gerichte dürfen abwägen und Ihnen dann eine passende Erklärung geben – so dass Ihre Rechte nicht einfach ausgehebelt werden.
5. Was heißt das praktisch für Sie?- Sie können Auskunft verlangen – und zwar umfassend, auch wenn Geschäftsgeheimnisse im Spiel sind.
- Sie bekommen eine Erklärung in einfacher Sprache, die auf Ihre persönliche Bewertung bezogen ist.
- Wenn Firmen Geheimnisklauseln anbringen, übernimmt eine externe Stelle (Behörde oder Gericht) die Prüfung und Entscheidung.
- So können Sie Ihre Rechte wie Einspruch, Widerspruch oder Korrektur weiterhin effektiv wahrnehmen.
Typischer Prozess:
- Sie schicken eine Anfrage, z. B.:
„Bitte teilen Sie mir verständlich mit, wie mein Kredit-Score ermittelt wurde, inklusive verwendeter Parameter und deren Einfluss." - Das Unternehmen reicht alle relevanten Informationen – auch vertrauliche – bei der Datenschutzbehörde oder einem Gericht ein.
- Diese prüft:
- Was bleibt wirklich geheim?
- Was müssen Sie trotzdem als verständliche Erklärung erhalten?
- Sie bekommen eine auf Ihre Situation angepasste Erklärung – und behalten Ihr Recht, Entscheidungen nachzuvollziehen oder anzufechten.
- Verbraucher stärken: Sie dürfen genau wissen, warum Sie eine bestimmte Bewertung erhalten – selbst bei komplexen Systemen.
- Mehr Transparenz: Firmen müssen offenlegen, wie ihre automatisierten Entscheidungen funktionieren.
- Rechtliche Klarheit: Behörden und Gerichte wissen jetzt, wie sie mit Konflikten zwischen Auskunftsrecht und Geschäftsgeheimnissen umgehen.
Damit bekommen Sie mehr Kontrolle und Durchblick bei Entscheidungen, die Ihr Leben beeinflussen.
8. Tipps für Betroffene- Nutzen Sie Ihr Auskunftsrecht aktiv: Formulieren Sie konkret, was Sie wissen möchten.
- Setzen Sie ggf. Widerspruch ein, wenn die Antwort nicht verständlich oder unvollständig ist.
- Suchen Sie Hilfe, z. B. bei der Datenschutzbehörde oder bei spezialisierten Beratungsstellen, falls etwas nicht klar ist.
- Firmen müssen Informationen bereitstellen – verständlich und individuell.
- Behörden und Gerichte müssen sorgfältig abwägen, welche Teile der Erklärung geheim bleiben und welche an Betroffene weitergegeben werden.
- Neue Standards etabliert: Es gibt klare Regeln für Auskunftsansprüche bei automatisierten Entscheidungen.
Punkt | Erklärung |
---|---|
Ihr Auskunftsrecht | Sie dürfen wissen, wie automatisierte Entscheidungen funktionieren – speziell in Ihrem Fall. |
Verständliche Erklärung | Individualisiert, nachvollziehbar, prüfbar. |
Geschäftsgeheimnisse | Schutz ist möglich, aber: Dritte prüfen – Sie bekommen dennoch eine passende Erklärung. |
Praxis-Tipps | Auskunft verlangen, Widerspruch einsetzen, Hilfe suchen. |
Wirkung | Verbraucherschutz gestärkt, Transparenz erhöht, klare Regeln für Firmen und Behörden. |
Das EuGH‑Urteil C‑203/22 stärkt Ihr Recht auf verständliche Auskunft – selbst bei Geschäftsgeheimnissen. Sie erfahren, warum und wie automatisierte Entscheidungen zustande kommen. Nutzen Sie das: Stellen Sie klare Fragen, fordern Sie verständliche Erklärung – und lassen Sie sich nicht abspeisen. Ihr Auskunftsrecht ist kraftvoll und bietet echte Kontrolle.
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Ihr Team von Datenschutz Prinz