Von Andrea prinz auf Sonntag, 29. Juni 2025
Kategorie: Datenschutz

Praxisgemeinschaft oder Gemeinschaftspraxis? – Was das LSG-Urteil für Ärzt:innen bedeutet

Wie eine falsche Praxisform teuer werden kann – und worauf Sie achten müssen, um Abrechnungsprobleme zu vermeiden.

Überblick: Was ist passiert?

Das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg hat am 18. September 2024 ein wichtiges Urteil gesprochen. Zwei Fachärzte für Orthopädie und Unfallchirurgie gaben an, eine Praxisgemeinschaft zu betreiben. Tatsächlich aber arbeiteten sie wie eine Gemeinschaftspraxis, ohne dies offiziell anzugeben oder genehmigen zu lassen.

Das Ergebnis: Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) und die gesetzlichen Krankenkassen forderten über 70.000 € an Honorar zurück. Das Gericht gab ihnen recht.

Praxisgemeinschaft vs. Gemeinschaftspraxis – was ist der Unterschied? 

Praxisgemeinschaft:

Gemeinschaftspraxis (auch: Berufsausübungsgemeinschaft):

Wichtig: Wer tatsächlich gemeinsam behandelt, muss dies offiziell als Gemeinschaftspraxis führen und genehmigen lassen.

Der konkrete Fall

Zwei Ärzte teilten sich offiziell nur Räume – also eine Praxisgemeinschaft. Bei einer Prüfung 2014 stellte die KV aber Folgendes fest:

Diese Punkte sprechen nicht für eine echte Praxisgemeinschaft, sondern für eine verdeckte Gemeinschaftspraxis – und das ist nicht erlaubt, wenn keine Genehmigung dafür vorliegt.

Was hat das Gericht entschieden?

Das Landessozialgericht entschied:

„Es liegt ein Formenmissbrauch vor."

Das bedeutet: Die Ärzte haben die äußere Form der Praxisgemeinschaft gewählt, aber in Wirklichkeit wie eine Gemeinschaftspraxis gehandelt – ohne Genehmigung.

Die Folge:


Die entscheidenden Indizien

Das Gericht stützte sich auf vier zentrale Punkte:

1. Hohe Zahl gemeinsamer Patienten 2. Gleichzeitiges Einlesen der Chipkarten 3. Blanko-Überweisungen 4. Vertretung „auf Zuruf"

Für das Gericht war klar: Diese Punkte belegen eine faktische Gemeinschaftspraxis – ohne Genehmigung = Missbrauch.

Warum die Argumente der Ärzte nicht überzeugten

Die Ärzte verteidigten sich:


Doch das Gericht war nicht überzeugt:


Was bedeutet das für andere Praxen? ✅ Eine Praxisgemeinschaft ist nur dann rechtlich korrekt, wenn:

Wenn Ärzt:innen gemeinsam behandeln wollen, müssen sie eine Gemeinschaftspraxis gründen – mit Zulassung durch die KV.

Die 20-%-Regel

Die Kassenärztlichen Vereinigungen gehen ab 20 % gemeinsamer Patienten von einem Verdacht aus. Ab 30 % gilt eine verdeckte Gemeinschaftspraxis als sehr wahrscheinlich.

Was bedeutet das konkret?

📌 Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
Kriterium Erlaubt in Praxisgemeinschaft? Im Fall passiert?
Gemeinsame Patientenversorgung ❌ Nein ✅ Ja, bis 50 %
Gemeinsame Karteiführung ❌ Nein ✅ Vermutet
Gleichzeitige Chipkarten-Einlesung ❌ Nein ✅ Ja, in 71 % der Fälle
Blanko-Überweisungen ❌ Nein ✅ Häufig
Vertretung ohne Notfallnachweis ❌ Nein ✅ Regelmäßig „auf Zuruf"
KV-Genehmigung als Gemeinschaftspraxis ✅ Nur mit Antrag ❌ Nicht erfolgt

Empfehlungen für Ärzt:innen - So vermeiden Sie Probleme:
  1. Praxisform klar regeln:
    • Praxisgemeinschaft = keine gemeinsame Behandlung.
    • Gemeinschaftspraxis = gemeinsame Behandlung mit Genehmigung.
  2. Vertretung nur mit Dokumentation:
    • Notfall, Urlaub, Krankheit – alles schriftlich nachweisbar machen.
  3. Überweisungen immer begründen:
    • Warum wurde der Patient weitergeschickt?
    • Welche Diagnose oder Behandlung war nötig?
  4. Gemeinsame Patientenanzahl prüfen:
    • Liegt der Wert über 20 %? Dann handeln – Beratung einholen.
  5. Keine Doppelleistungen abrechnen:
    • Sonst drohen Rückforderungen und rechtliche Konsequenzen.

Warum ist das auch für Patient:innen wichtig?

Begriffe einfach erklärt

Fazit: Besser klar regeln als teuer zahlen

Die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg zeigt:
Wer Praxisformen nicht sauber trennt, riskiert hohe Rückforderungen und rechtliche Folgen.

Was Sie tun sollten:


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Ihr Team von Datenschutz Prinz