Technikfolgenabschätzung des Bundestags (TAB)
Die Telemedizin, also die medizinische Versorgung aus der Ferne mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologien, hat während der Corona-Pandemie einen kurzen Aufschwung erlebt. Sie bietet viele Vorteile, wie die Reduzierung von Wege- und Wartezeiten, frühzeitige Erkennung von Gesundheitsverschlechterungen, Vermeidung von Krankenhausaufenthalten, breiteren Zugang zu fachlicher Expertise und effizientere Leistungen. Angesichts des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels ist der verstärkte Einsatz telemedizinischer Anwendungen (TMA) besonders wichtig. Dennoch stößt die Telemedizin in Deutschland noch auf zahlreiche Hürden.
Laut einer Studie des Büros für Technikfolgenabschätzung des Bundestags (TAB) findet die Telemedizin nur langsam Eingang in die reguläre medizinische Versorgung. Dies deutet darauf hin, dass normative, organisatorische, technische, personelle oder soziale Barrieren die Verbreitung der Technik begrenzen. Möglich ist auch, dass die Erwartungen an die Telemedizin überschätzt wurden. Obwohl in Deutschland seit Jahren vielfältige telemedizinische Modellvorhaben durchgeführt werden und es dafür einen speziellen Innovationsfonds gibt, gestaltet sich die Überführung von Pilotprojekten in die Regelversorgung schwierig.
Die Forscher fordern daher Reformen, um Telekonsultationen, Telemonitoring oder Videosprechstunden regulär einsetzen und abrechnen zu können. Es müssten Gesetze, Richtlinien, Verträge, Vergütungskataloge sowie Zertifizierungsverfahren für technische Komponenten entwickelt, angepasst und fortgeschrieben werden. Derzeit gibt es keine einheitlichen Wege in reguläre Versorgungsstrukturen, auch weil der ambulante und der stationäre Bereich, die Notfallrettung, Rehabilitation und Pflege eigenständig reguliert, organisiert und finanziert werden. Nur in der ambulanten Versorgung können aufgrund der hochgradigen Aufschlüsselung einzelne neue telemedizinische Leistungen vergütet werden.
Ein weiterer Knackpunkt ist die IT-Ausrüstung und die Netzabdeckung. Telemedizinische Anwendungen benötigen eine zuverlässige und leistungsstarke Internetverfügbarkeit. Gerade ländliche Regionen, in denen die Hoffnungen auf eine Versorgungsverbesserung am größten sind, leiden häufig unter einer schwachen Netzabdeckung. Zudem benötigen Ärzte und Patienten zumindest eine gewisse IT-Grundausstattung sowie entsprechende Anwendungskompetenzen. Sicherheitstechnische Anforderungen, die der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) entsprechen, sind zwar im Bundesmantelvertrag definiert, Zertifizierungsverfahren etabliert und Listen mit geprüften Diensten verfügbar. Dennoch sind bei der Digitalisierung vielfältiger Prozesse und der Verbesserung der Interoperabilität unterschiedlicher IT-Komponenten auch in Zukunft erhebliche Anstrengungen nötig.
Ein Blick ins Ausland zeigt, dass andere Länder bei der Telemedizin weiter sind. In der Schweiz betreuen beispielsweise bei der Firma Medgate 320 Mitarbeiter in Videosprechstunden rund eine Million Patienten pro Jahr. In Deutschland scheinen virtuelle Gespräche lediglich bei Psychotherapeuten in der Breite angekommen zu sein. Ansonsten werden die etablierten Strukturen beibehalten und allenfalls um digitale Komponenten ergänzt. Es gilt daher, telemedizinische Anwendungen schon in der Aus- und Weiterbildung zu verankern, spezifische Unterstützungsangebote für Leistungserbringer zu schaffen und gemeinsame Plattformen mit zuverlässigen Diensten einzurichten. Mit dem Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege wollte der Bundestag eigentlich schon 2021 der Telemedizin auf die Sprünge helfen.
Der Spitzenverband Digitale Gesundheitsversorgung e.V. (SVDGV) begrüßt die Pläne, Telemedizin breiter in die Versorgungspraxis zu integrieren, die mit dem Digitalgesetz (DigiG) angestoßen wurden. Gleichzeitig brauchen Digital Health-Unternehmen mehr Planungssicherheit, um auch künftig innovative Anwendungen auf den Markt bringen und die Versorgung zukunftsfähig gestalten zu können. Deshalb fordert der SVDGV in einem aktuellen Positionspapier klare Regelungen für Telemedizin, die Planungssicherheit bieten und die Integration in die Versorgung vorantreiben.
Folgende Aspekte sind dafür essenziell:
- Telemedizin in weitem Umfang ermöglichen
- Eindeutige Regelungen zur Erstattung und Vergütung
- Gleichwertige Vergütung für Videosprechstunde und Sprechstunde vor Ort
- Überregionales Budget für Telemedizin
- Unterschiedliche Vergütung für Akut- und Langzeitversorgung
- Streichung des § 9 Heilmittelwerbegesetz (HWG)
- Anbindung an Telematikinfrastruktur (TI) und Patienten-Identifikation
Dr. Paul Hadrossek, Mitglied des Vorstandes des SVDGV, betont: "Telemedizin kann die medizinische und pflegerische Versorgung entscheidend verbessern, zum Beispiel indem sie die Vernetzung von Fachkräften vereinfacht, Prozesse effizienter macht oder Hürden beim Zugang zu medizinischer Expertise verringert. Dieser Nutzen muss jetzt anerkannt werden, gerade auch angesichts aktueller Versorgungsengpässe und des Fachkräftemangels. Wir brauchen klare Regelungen sowie eine angemessene Vergütung für Telemedizin und eine Infrastruktur, die einen flächendeckenden, unkomplizierten Einsatz möglich macht. Telemedizin muss allen Patientinnen und Patienten uneingeschränkt zur Verfügung stehen und darf keinen willkürlichen Beschränkungen unterliegen."
Tim Schneider, Leiter des Arbeitskreises Telemedizin im SVDGV, ergänzt: "Medizinische Leistungen finden heute nicht mehr nur vor Ort in der Praxis statt, sondern auch über Distanzen hinweg: am Telefon, per Videosprechstunde
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