Datenschutz und Polizeigesetz NRW: Landesregierung muss nachbessern
Das Bundesverfassungsgericht hat erneut Überwachungsbefugnisse im Polizeigesetz eines Bundeslandes für verfassungswidrig erklärt. Diesmal trifft es Nordrhein-Westfalen (NRW). Die Vorschriften zur längerfristigen Observation durch die Polizei wurden beanstandet, da sie unverhältnismäßig tief in die Persönlichkeitsrechte eingreifen.
Doch die Landesdatenschutzbeauftragte Bettina Gayk sieht in der Entscheidung eine Chance: NRW sollte das Urteil nutzen, um umfassende Reformen im Polizeigesetz vorzunehmen.
Das Urteil im ÜberblickDas Bundesverfassungsgericht entschied, dass die Regeln zur längerfristigen polizeilichen Observation in NRW nicht präzise genug sind. Konkret kritisiert wurde die sogenannte „Eingriffsschwelle":
- Die Polizei darf Personen längerfristig per Bildaufnahme observieren, wenn eine konkrete Gefahr besteht.
- Im aktuellen Gesetz reicht jedoch eine vage Gefahr – das ist zu wenig.
- Bis Ende 2025 muss die Landesregierung die Vorschriften überarbeiten.
Der Fall, der das Urteil auslöste, zeigt die Schwächen des bisherigen Systems: Eine Frau wurde während der Überwachung eines Verdächtigen miterfasst, obwohl sie selbst keinerlei Gefährdungspotenzial hatte. Solche Eingriffe sind nach Auffassung des Gerichts unverhältnismäßig und grundrechtswidrig.
Warum das Urteil ein Weckruf istBettina Gayk, die Datenschutzbeauftragte von NRW, sieht in dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts eine klare Botschaft: Es reicht nicht, nur die beanstandeten Vorschriften anzupassen. Das gesamte Polizeigesetz muss auf den Prüfstand.
In den vergangenen Jahren hat das Bundesverfassungsgericht mehrfach Polizeigesetze anderer Bundesländer korrigiert, darunter:
- Mecklenburg-Vorpommern (2022): Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung.
- Bundeskriminalamt (2023): Klare Regeln für die Aufbewahrung personenbezogener Daten.
- Datenanalyseverfahren (2023): Strenge Vorgaben für die Analyse und Verarbeitung sensibler Daten.
All diese Entscheidungen haben Auswirkungen auf NRW, da ähnliche Regelungen auch im hiesigen Polizeigesetz bestehen.
Fünf Bereiche, in denen NRW handeln mussDas Urteil des Bundesverfassungsgerichts fordert eine klare Definition der Eingriffsschwelle. Nur bei einer konkreten oder zumindest konkretisierten Gefahr dürfen Bildaufnahmen über einen längeren Zeitraum angefertigt werden.
2. Schutz des Kernbereichs privater LebensgestaltungDas Urteil aus Mecklenburg-Vorpommern zeigt, dass dieser Schutz oft unzureichend berücksichtigt wird. NRW muss sicherstellen, dass private Bereiche – z. B. Gespräche in der eigenen Wohnung – nicht versehentlich oder absichtlich überwacht werden.
3. Klare Vorgaben für DatenanalyseverfahrenDie Polizei nutzt zunehmend KI und Big Data, um Muster in Daten zu erkennen. Laut Bundesverfassungsgericht dürfen solche Analysen nur unter strengen Bedingungen erfolgen. NRW muss seine Gesetze anpassen, um die Rechte der Bürger zu schützen.
4. Speicherung personenbezogener DatenAktuell regeln Verwaltungsvorschriften in NRW, wie lange Daten von Personen gespeichert werden dürfen, die nicht verurteilt wurden. Dies betrifft z. B. Fälle, in denen ein Verfahren mangels Beweisen eingestellt wurde. Das Gericht verlangt, dass diese Vorschriften gesetzlich verankert werden – und dass dabei strenge Kriterien gelten.
5. Sicherheitsüberprüfungen bei GroßveranstaltungenSportevents, Konzerte oder Festivals ziehen viele Menschen an, darunter auch Mitarbeiter und Helfer. Bislang arbeitet die Polizei hier mit freiwilligen Einwilligungen für Sicherheitsüberprüfungen. Laut Gayk ist das nicht ausreichend. Es braucht eine gesetzliche Grundlage, um potenzielle Risiken durch diese Personen zu minimieren.
Warum das Polizeigesetz reformiert werden mussDas Polizeigesetz NRW ist ein zentrales Instrument zur Wahrung der öffentlichen Sicherheit. Gleichzeitig darf es nicht die Grundrechte der Bürger verletzen. Die aktuellen Regelungen sind jedoch in vielen Bereichen veraltet oder ungenau.
Eine umfassende Überarbeitung des Gesetzes würde:
- Grundrechte stärken: Präzisere Regeln schützen die Persönlichkeitsrechte der Bürger.
- Rechtssicherheit schaffen: Polizei und Bürger wissen klar, was erlaubt ist und was nicht.
- Vertrauen fördern: Transparente Regeln erhöhen das Vertrauen in staatliche Institutionen.
Die öffentliche Sicherheit zu gewährleisten, ist eine zentrale Aufgabe der Polizei. Doch Eingriffe in die Privatsphäre müssen gut begründet und verhältnismäßig sein. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zeigt, dass NRW hier Nachholbedarf hat.
Bettina Gayk fordert zu Recht, diese Gelegenheit für eine grundsätzliche Überarbeitung des Polizeigesetzes zu nutzen. Eine Reform ist nicht nur rechtlich notwendig, sondern auch gesellschaftlich wichtig, um die Balance zwischen Sicherheit und Freiheit zu wahren.
Das Polizeigesetz NRW steht vor einer wegweisenden Reform. Die Landesregierung hat bis Ende 2025 Zeit, die beanstandeten Vorschriften anzupassen. Doch der Handlungsbedarf geht weit darüber hinaus. Es bleibt abzuwarten, ob die Verantwortlichen diese Chance nutzen, um ein modernes und grundrechtskonformes Polizeigesetz zu schaffen.
Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Rufen Sie uns gern unter 09122 6937302 an und vereinbaren Sie einen Gesprächstermin. Oder senden Sie uns einfach eine Nachricht. Wir freuen uns, Sie kennenzulernen!
Ihr Team von Datenschutz Prinz
Um hier diese Inhalte zu sehen, stimmen Sie bitte zu, dass diese in die Webseite von https://www.datenschutz-prinz.de/ geladen werden.