Kaum jemand liest Datenschutzerklärungen – Ein britischer Unternehmer beweist es mit einer Flasche Wein

 In einer zunehmend digitalisierten Welt sind Datenschutzerklärungen für Websites und Online-Dienste unverzichtbar geworden. Sie sind oft lang und voller juristischer Fachsprache – und genau das ist der Punkt: Kaum jemand liest sie tatsächlich. Der britische Steuerrechtler und Unternehmer Dan Neidle wollte diesem Umstand auf den Grund gehen und startete ein interessantes Experiment, um herauszufinden, wie viele Menschen sich tatsächlich die Zeit nehmen, Datenschutzerklärungen aufmerksam durchzulesen. Seine Methode? Ein unscheinbares, aber verlockendes Geschenk – eine Flasche Wein.

Dan Neidle und sein cleveres Experiment

Dan Neidle, ein erfahrener Steuerrechtler und Betreiber der Denkfabrik „Tax Policy Associates", kennt die Anforderungen und Vorschriften des Datenschutzrechts sehr genau. Trotzdem empfindet er viele der gesetzlichen Regelungen als überflüssig und, aus Sicht der Nutzerfreundlichkeit, sogar als unnötig.

So kam ihm die Idee, in seine eigene Datenschutzerklärung auf seiner Website ein besonderes Angebot einzubauen. Um zu beweisen, wie wenige Menschen diese Erklärungen tatsächlich lesen, vermerkte er in der Datenschutzerklärung ein verstecktes Geschenk: „Der ersten Person, die das liest, schicken wir eine Flasche guten Wein." Dieser Satz stand im fünften von acht Punkten – also nicht zu weit oben und auch nicht so weit unten, dass er sofort auffallen würde.

160.000 Website-Besucher und nur ein Gewinner

Die Ergebnisse seines Experiments bestätigen, was viele bereits vermuten: In den Monaten März und April 2023 verzeichnete Neidles Website laut Daten des Analysedienstes Similar Web rund 160.000 Besucher. Und wie viele dieser User:innen lasen die Datenschutzerklärung wirklich gründlich? Genau eine Person! Nach ganzen drei Monaten nahm ein Besucher tatsächlich Bezug auf den „Wein-Bonus" und meldete sich bei Neidle.

Interessanterweise handelte es sich bei dieser Person um jemanden, der die Website gar nicht als typischer Besucher aufgerufen hatte. Stattdessen recherchierte der User aktiv nach Anleitungen, um selbst eine Datenschutzerklärung zu erstellen. Damit ist Neidles Experiment zwar nicht repräsentativ, zeigt jedoch eindrucksvoll, dass Datenschutzerklärungen kaum Beachtung finden.

Pflicht zur Datenschutzerklärung unabhängig von der Rezeption

Sowohl in Großbritannien als auch in Deutschland sind Website-Betreiber gesetzlich verpflichtet, eine Datenschutzerklärung zur Verfügung zu stellen – und das unabhängig von der Größe des Unternehmens oder der Art des Geschäfts. Diese Vorgabe dient dem Schutz der Privatsphäre und informiert die User:innen darüber, wie ihre Daten verwendet werden. Doch die Reaktion auf Neidles Experiment wirft die Frage auf, wie effektiv diese Vorgabe wirklich ist, wenn so wenige User:innen tatsächlich aufmerksam lesen, was dort steht.

Neidle selbst sieht in dieser gesetzlichen Verpflichtung eher eine Geldverschwendung. Auf der Plattform X, ehemals Twitter, bezeichnete er die Vorgabe als „verrückt" und fügte hinzu, dass es aus seiner Sicht wenig Sinn ergebe, eine solche Regelung zu erzwingen, wenn sich kaum jemand dafür interessiert. Die Flasche Wein, die er am Ende an den einzigen „Gewinner" verschickte, war ein zehn Jahre alter französischer Rotwein im Wert von etwa 40 Euro.

Ein inspirierendes Beispiel von Van Halen

Die Idee zu diesem Experiment kam Neidle von einer berühmten Geschichte der Rockband Van Halen, die in den 1980er Jahren eine ähnliche Taktik verwendete, um sicherzustellen, dass Veranstalter ihre Vertragsbedingungen aufmerksam lasen. In jedem Vertrag forderte die Band eine Schüssel voller M&Ms – mit der speziellen Anweisung, dass keine braunen M&Ms enthalten sein dürften.

Diese Anweisung diente jedoch nicht dem Selbstzweck oder etwa der Schikane der Veranstalter. Vielmehr war es eine Sicherheitsmaßnahme, um zu überprüfen, ob die Veranstalter alle Anweisungen gelesen und sich daran gehalten hatten. Van Halen tourte in dieser Zeit mit einer aufwändigen technischen Ausstattung, die präzise Bedingungen benötigte. Der „M&Ms-Test" half ihnen dabei, unsorgfältige oder oberflächliche Veranstalter sofort zu erkennen und größere Sicherheitsrisiken zu vermeiden.

Was lernen wir aus Neidles Experiment?

Dan Neidles Experiment verdeutlicht, wie oberflächlich viele Website-Besucher:innen mit Informationen zur Datenverarbeitung umgehen. Datenschutzerklärungen werden von den meisten Menschen als notwendiges Übel betrachtet – eine Art „digitale Bürokratie", die zwar da ist, aber keine wirkliche Beachtung findet. Die Frage ist, ob die derzeitige Form der Datenschutzerklärung wirklich den angestrebten Zweck erfüllt oder ob eine benutzerfreundlichere, kürzere und prägnantere Lösung sinnvoller wäre.

Website-Betreiber können sich dieses Wissen zunutze machen und überlegen, wie sie ihre Datenschutzerklärungen attraktiver und verständlicher gestalten könnten. Eine Möglichkeit wäre, die wichtigsten Informationen in einer Kurzversion bereitzustellen und darauf zu achten, dass die Sprache für ein breiteres Publikum verständlich ist. Auf diese Weise könnte der Zugang zu Datenschutzinformationen verbessert und das Bewusstsein für den Umgang mit persönlichen Daten gestärkt werden.

Fazit

Dan Neidles kreatives Experiment zeigt uns, wie wenig Aufmerksamkeit Datenschutzerklärungen im Alltag erfahren. Obwohl sie in der Theorie ein wesentliches Instrument zum Schutz der Privatsphäre darstellen, lässt die Praxis zu wünschen übrig. Unternehmen und Gesetzgeber könnten davon profitieren, neue Wege zu finden, um die Nutzerfreundlichkeit solcher Dokumente zu erhöhen. Letztlich geht es darum, den Datenschutz für alle verständlicher und zugänglicher zu machen – nicht nur für Juristen und Datenschützer.

Sie haben Fragen zu diesem Artikel? Rufen Sie uns gern unter 09122 6937302 an und vereinbaren Sie einen Gesprächstermin. Oder senden Sie uns einfach eine Nachricht. Wir freuen uns, Sie kennenzulernen!

Ihr Team von Datenschutz Prinz


Hotellerie: Fokus Datenschutz – Folge 2
Auftragsverarbeitung – ja oder nein?

Um hier diese Inhalte zu sehen, stimmen Sie bitte zu, dass diese in die Webseite von https://www.datenschutz-prinz.de/ geladen werden.