Kündigung - Wahlvorstandsmitglied - Weiterleitung sensibler persönlicher Daten an private eMail-Adresse - Betriebsratsanhörung - Entfernung einer Abmahnung nach beendetem Arbeitsverhältnis

I. Hintergrund und Kontext der Entscheidung 1. Kernfrage des Falls

Die zentrale Frage in diesem Fall war, ob die Weiterleitung einer Wählerliste mit sensiblen, personenbezogenen Daten an eine private E-Mail-Adresse durch ein Mitglied des Wahlvorstands eine außerordentliche, fristlose Kündigung rechtfertigt. Dabei spielten sowohl arbeitsrechtliche als auch datenschutzrechtliche Aspekte eine Rolle.

2. Sensibilität der Daten

Die in der Wählerliste enthaltenen Informationen – darunter Namen, Adressen, Geburtsdaten und Arbeitsverhältnisse – sind gemäß Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) als besonders schützenswert einzustufen. Der Schutz solcher Daten ist nicht nur eine gesetzliche Pflicht, sondern auch ein Vertrauensgut zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer.

3. Rolle des Wahlvorstandsmitglieds

Mitglieder des Wahlvorstands übernehmen während der Vorbereitung und Durchführung von Betriebsratswahlen eine besondere Verantwortung. Diese umfasst nicht nur die ordnungsgemäße Durchführung der Wahl, sondern auch den vertraulichen Umgang mit den personenbezogenen Daten der Belegschaft.

II. Rechtliche Bewertung 1. Kündigungstatbestand gemäß § 626 BGB

Der Arbeitgeber berief sich auf § 626 Abs. 1 BGB, wonach eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt ist, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Das Gericht bejahte diesen Grund aus folgenden Überlegungen:

  1. Schwerwiegender Pflichtenverstoß:
    • Die Weiterleitung der sensiblen Wählerliste an eine private E-Mail-Adresse stellte eine erhebliche Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten dar.
    • Selbst wenn die Weiterleitung der Daten subjektiv zur Erfüllung der Aufgaben des Wahlvorstands diente, war die Art und Weise dieser Handlung nach Auffassung des Gerichts grob fahrlässig.
  2. Vertrauensbruch:
    • Das Vertrauensverhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer wurde irreparabel zerstört. Ein solches Verhalten legt nahe, dass der Arbeitnehmer die erforderliche Sorgfalt im Umgang mit sensiblen Daten nicht einhalten wird.
  3. Keine Abmahnung erforderlich:
    • Bei schwerwiegenden Verstößen, bei denen der Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seines Handelns hätte erkennen können, ist eine vorherige Abmahnung nicht notwendig.


2. Datenschutzrechtliche Dimension

Die Entscheidung betonte, dass die Verletzung der Datenschutzpflichten im Arbeitsverhältnis schwer wiegt. Folgende Aspekte waren entscheidend:

  • Verletzung der DSGVO: Die unautorisierte Weiterleitung von personenbezogenen Daten stellt einen klaren Verstoß gegen Artikel 5 und Artikel 6 DSGVO dar.
  • Haftung des Arbeitgebers: Der Arbeitgeber haftet für Datenschutzverstöße seiner Mitarbeiter. Der Kläger hat mit seinem Verhalten das Unternehmen einem potenziellen Risiko ausgesetzt, das z. B. durch Sanktionen der Datenschutzbehörden entstehen könnte.


3. Betriebsverfassungsrechtliche Aspekte

Obwohl der Kläger Mitglied des Wahlvorstands war, entschied das Gericht, dass diese Funktion keine privilegierte Sonderstellung im Kündigungsschutz rechtfertigt. Es wurde klargestellt, dass:

  • Betriebsrats- oder Wahlvorstandsmitglieder hinsichtlich der Beurteilung eines wichtigen Grundes nach § 626 BGB gleich behandelt werden wie andere Arbeitnehmer.
  • Ein Pflichtenverstoß, der aus der Amtsausübung resultiert, dennoch arbeitsvertragliche Konsequenzen haben kann.


III. Praktische Implikationen für Arbeitnehmer und Arbeitgeber 1. Für Arbeitnehmer: Vorsicht bei sensiblen Daten

  • Arbeitnehmer, insbesondere solche in besonderen Funktionen (z. B. Betriebsrats- oder Wahlvorstandsmitglieder), sollten sich der hohen Anforderungen an den Umgang mit personenbezogenen Daten bewusst sein.
  • Eine Weiterleitung von sensiblen Daten sollte nur in Ausnahmefällen und nach Rücksprache mit dem Arbeitgeber oder dem Datenschutzbeauftragten erfolgen.


2. Für Arbeitgeber: Datenschutz als Priorität

  • Arbeitgeber sollten ihre Mitarbeiter regelmäßig über den Umgang mit sensiblen Daten schulen und klare Richtlinien bereitstellen.
  • Verstöße gegen den Datenschutz sollten konsequent untersucht werden, um die Integrität des Unternehmens zu wahren.


IV. Auswirkung auf die arbeitsrechtliche Praxis 1. Stärkung des Datenschutzes im Arbeitsrecht

Die Entscheidung zeigt, dass Verstöße gegen Datenschutzrichtlinien in der Arbeitswelt ernsthafte Konsequenzen haben können. Arbeitnehmer können bei groben Verstößen auch ohne Abmahnung fristlos gekündigt werden.

2. Präzedenzwirkung für ähnliche Fälle

Dieses Urteil könnte in zukünftigen Fällen als Orientierung dienen, insbesondere wenn es um die Abwägung zwischen Datenschutzverletzungen und dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz bei Kündigungen geht.

3. Betriebsverfassungsrechtliche Klarstellungen

Die Entscheidung macht deutlich, dass Mitglieder von Wahlgremien nicht automatisch privilegiert behandelt werden, wenn sie in ihrer Funktion Pflichten verletzen, die zugleich arbeitsvertragliche Auswirkungen haben.

Die Entscheidung des Arbeitsgerichts Mannheim setzt ein klares Signal, dass Verstöße gegen Datenschutzpflichten, insbesondere durch Arbeitnehmer in Vertrauenspositionen, nicht toleriert werden können. Sie betont die Bedeutung des sorgfältigen Umgangs mit sensiblen Daten und unterstreicht die hohen Anforderungen, die an alle Arbeitnehmer, unabhängig von ihrer Funktion, gestellt werden.

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Ihr Team von Datenschutz Prinz


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